Kapitel 1: Wer und was
Nein, ich bin kein ITler, sondern ein mehr oder weniger vollkommen normaler Nutzer von PC und Laptop, sowohl dienstlich als auch privat. Mit Linux liebäugelte ich bereits vor vielen, vielen Jahren, als ich zum ersten mal die Knoppix Live-CD ausprobierte.
Das war damals für mich noch alles andere als überzeugend, mein wirklicher Umstieg von Windows zu Linux erfolgte daher erst vor etwa drei Jahren.
Groß geworden bin ich, wie viele meines Jahrgangs, mit dem Commodore C64, und mein erster richtiger PC lief “natürlich” mit Windows 3.11, womit auch sonst.
Dieser Blog berichtet von meinem Umstieg auf Linux und gibt meine bisherigen Erfahrungen wieder. So viel vorab: es war alles gar nicht so schlimm. Und vor allem: es hat sich gelohnt.
Kapitel 2: Von Windows zu Linux
Bis vor etwa drei Jahren war Windows mein Standard-Betriebssystem. Nicht etwa, weil ich es mir bewusst ausgesucht hätte, vielmehr war es bis dato einfach “normal”, Microsoft zu nutzen. Apple kam und kommt für micht nicht in Frage, da mir diese pseudo-elitären Produkte in Verbindung mit einem geschlossenen System schon immer suspekt waren.
Durch kleine Berichte in diversen Computer-Zeitschriften bin ich vor vielen Jahren auf Linux aufmerksam geworden, als erstes probierte ich damals die Knoppix Live-CD aus. Das war zwar recht spannend, aber viele Programme funktionierten nur rudimentär und das Laden von CD dauerte eine halbe Ewigkeit. Von einem richtigen Arbeiten oder von einer praktischen Speichermöglichkeit ganz zu schweigen.
Mit Windows war ich mehr oder weniger zufrieden, immerhin gab es für (fast) jeden Anlass eine Software und die meisten Programme liefen völlig problemlos. Dennoch wurde meine Unzufriedenheit mit den Microsoft-Produkten in den vergangenen Jahren stetig größer, zuletzt kam dann noch der Ärger über die Antivirensoftware von Bitdefender hinzu, die ein sehr unerfreuliches Abo-Modell implementiert hatte. Spätestens zu diesem Zeitpunkt war mir klar: so nicht.
Relativ spontan googelte ich im Anschluss nach Linux und Ubuntu, was ich dann nach kurzem Studium der Webseite zunächsten auf dem Laptop, meinem Zweitrechner, installierte. Mein erster Eindruck war überraschend positiv, alle Kinderkrankheiten, die ich noch von Knoppix in Erinnerung hatte, schienen behoben zu sein.
Nur eine Woche später installierte ich Ubuntu auch auf meinem “großen” Rechner, nachdem ich zuvor alle wichtigen Dateien auf einer externen Festplatte gesichert hatte. Meine ersten Erfahrungen auf dem Laptop kamen mir hier bereits zu Gute, neben der Installation des Betriebssystems hatte ich mir nämlich bereits einiges an Software ausgeguckt.
Kapitel 3: Distrohopping
Unter Distrohopping versteht man das Ausprobieren verschiedener Linux-Distributionen sowie deren anschließende Nutzung. Mein bisheriger Weg im Linux-Universum startete mit Ubuntu, es folgte Manjaro, aktuell bin ich bei Debian angelangt und damit doch ziemlich zufrieden. Ubuntu kann ich für den Einstieg sehr empfehlen, da dort so ziemlich alles recht schnell und einfach funktioniert.
Um ehrlich zu sein, habe ich noch viel mehr als diese drei Distributionen ausprobiert, das ist inzwischen auch kinderleicht, man beschreibt einen USB-Stick mit der entsprechenden iso-Datei von der jeweiligen Webseite, und schon lässt sich die neue Distro ganz ohne Installation auf Herz und Nieren prüfen. Noch einfacher geht das Testen, indem man die iso einfach in einer virtuellen Maschine aufruft. Dieser Weg ist allerdings etwas limitiert, da die iso-Datei dann eben nicht auf dem “echten” PC oder Laptop läuft.
Letztendlich ist natürlich Geschmackssache, was man persönlich bevorzugt. Einen guten Überblick bietet Distrowatch oder auch die Linux Bibel aus Österreich. Es gibt keine richtige und keine falsche Edition, allerdings unterscheiden sich die verschiedenen Distributionen teilweise schon recht deutlich, und zwar nicht nur vom Look and Feel des Desktops, sondern auch “unter der Haube” mit Paketmanager, Standardprogrammen und so weiter.
Hier geht Probieren über Studieren, für den Anfang kann man mit Ubuntu oder Manjaro auf jeden Fall nichts falsch machen. Debian würde ich eher etwas Fortgeschrittenen empfehlen, da dort einige Dinge nicht “einfach so” funktionieren. Bereits bei der Installation kann man schon auf Probleme stoßen, da je nach iso-Variante bestimmte Treiber, zum Beispiel für den WLAN-Adapter oder auch für die Installationsroutine insgesamt, fehlen.
Meine beiden Geheimtipps unter den Distributionen sind BunsenLabs und Q4OS, diese laufen vor allem auch flüssig auf älteren Rechnern, wobei das auf die meisten Linux Distros zutrifft. Also einfach einen alten Windows-PC schnappen und dort ein Linux der Wahl installieren und los gehts.
Kapitel 4: Wichtige Wikis
Wo bekommt man die beste Hilfe zu Linux? Eine Möglichkeit bleibt selbstverständlich das gute alte Googeln. Besser sind hier jedoch Wikis, die sich gezielt mit der jeweiligen Distribution beschäftigen.
Erste Anlaufstelle für Debian-basierte Distros ist für mich ganz klar ubuntuusers . Dort werden viele Fragen einfach und verständlich geklärt. Auch werden verschiedenste Programme ausführlich dargestellt. Tipp: Meine Empfehlung ist hier vor allem das Nutzen der internen Suchfunktion, die einen direkt auf den benötigten Artikel verweist.
Ubuntuusers ziehe ich, obwohl ich selbst aktuell Debian nutze, deutlich dem hauseigenen Debian Wiki vor, welches im direkten Vergleich deutlich komplizierter gestaltet ist und insgesamt weniger Artikel und Informationen beinhaltet.
Für Arch-basierte Distributionen empfehlen sich das Arch Wiki oder auch das Manjaro Wiki , beide liefern viele nützliche Informationen.
Keine Wikis im eigentlichen Sinne, aber wertvolle Informationsquellen zu Linux sind sowohl das inzwischen nicht mehr fortgeführte Pro-Linux , dessen Suchfunktion immer noch zu zahlreichen wertvollen Artikeln führt, als auch der stetig aktualisierte Blog LinuxNews von Ferdinand Thommes.
Kapitel 5: Debian versus Arch
Wer Linux nutzt, der schaut auch immer gerne, welche Distribution sich wie weiterentwickelt und ob diese gegebenenfalls inzwischen das eigene Betriebssystem übertrumpft. So nutze ich zwar weiterhin Debian auf meinem Hauptrechner, habe nun aber vor einigen Wochen ebenfalls Arch Linux auf meinen Laptop installiert.
Zuvor hat mich bei Arch der rein manuelle Installationsprozess erfolgreich abgeschreckt. Nachdem ich aber von dem hauseigenen Installerskript gelesen und dieses ausprobiert hatte (einfach nach Start der iso-Datei archinstall auf der Befehlszeile eingeben), war alles plötzlich ganz einfach. Mit dem Skript startet man quasi einen simplen Textinstaller, der sich erstaunlich gut bedienen lässt, da bei den allermeisten Abfragen einfach die Defaulteinstellungen übernommen werden können. Fortgeschrittene Nutzer können dort selbstverständlich ihre Vorlieben bezüglich Dateisystem, Partitionierung, Kernel einstellen.
Der Hauptunterschied zwischen Debian und Arch besteht in Paketmanager und der Aktualität der entsprechenden Programme. Während Debian auf das bekannte Paketformat DEB setzt, nutzt Arch Pacman für das Paketmanagement. Beide sind im Grundsatz sehr gut, im Detail gibt es aber einige Unterschiede, so ist die gleiche Software teilweise nicht in den offiziellen Paketquellen enthalten und muss zum Beispiel über das AUR (Arch User Repository) installiert werden. Im Zweifelsfall lässt sich das Lieblingsprogramm immer noch als Flatpak oder Snap einbinden, dies funktioniert dann distributionsübergreifend.
Die Programme bei Arch sind deutlich aktueller, da diese als Rolling Release ausgeliefert werden, während Debian versionsbasiert (alle 2 Jahre eine neue Version) funktioniert, das heißt während dieser Zeit gibt es in der Regel nur Sicherheitsaktualisierungen und keine Programmupdates. Als Folge dessen ist Debian ein sehr stabiles und sicheres Betriebssystem, bei Arch haben die aktuellen Programmpakete minimale Einbußen bei der Stabilität zur Folge, daher wird Debian auch gerne als Serversystem betrieben.
Allerdings kann man bei Debian ebenfalls sehr aktuelle Programme erhalten, indem die Standardpaketquellen manuell in der Datei sources.list angepasst werden. Ich nutze Debian Testing und habe daher in der Datei “Bullseye” (Name von Debian 11) mit “Bookworm” (Name von Debian 12, erscheint im Sommer 2023) ersetzt. Als Folge sind die Programme bei Debian fast genauso aktuell wie auf einem Archsystem. Im Alltag bemerke ich daher keinen Unterschied, egal ob ich nun meinen Debian-PC oder meinem Arch-Laptop nutze. Nur die Einrichtung der jeweiligen Distribution variiert, auf dem Produktivsystem habe ich bislang jedenfalls keine Abweichungen in Sachen Stabilität oder Zuverlässigkeit ausmachen können. Stand heute fühle ich mich immer noch etwas mehr bei Debian Testing zuhause als bei Arch Linux, das liegt einfach an meinen persönlichen Präferenzen. Beide Distributionen sind nahezu gleich gut und uneingeschränkt zu empfehlen.
Kapitel 6: Slackware, openSUSE
Kürzlich habe ich zwei weitere Klassiker ausprobiert, zum einen die älteste noch aktive Linux-Distribution, zum anderen das deutsche Linux-Flaggschiff.
Slackware erblickte bereits, wie Debian auch, im Jahr 1993 das Licht der Welt, allerdings noch knapp vor Debian. Sofern einen die textbasierte Installation nicht abschreckt und man sich etwas mit der Partitionierung via Kommandozeile beschäftigt (recht gut dokumentiert), gelingt die Installation doch ziemlich reibungslos, etwa analog zu einem Arch System. Ich habe Slackware einige Wochen sehr begeistert genutzt, bis zu dem Zeitpunkt, an dem ein Update des Kernels anstand.
Nach der automatischen Aktualisierung war das Betriebssystem nach dem Neustart nicht mehr nutzbar und hing sich bereits zu Beginn des Bootprozesses auf. Nach einiger Recherche stieß ich auf so nettgemeinte Ratschläge wie “niemals einen funktionierenden Kernel updaten” oder “erst den neuen testen und im Anschluss den alten Kernel entfernen”. Das mag auf den ersten Blick noch einigermaßen akzeptabel klingen, allerdings bedeutet das für jedes Kernel Update doch einen ziemlichen Aufwand. Zumal der direkte Vergleich mit Debian zeigt, wie es richtig geht. Dort habe ich bereits x-mal den Kernel automatisch aktualisiert und bin dabei noch nie auf irgendwelche Probleme gestoßen. Daher habe ich mich letztendlich doch wieder gegen Slackware entschieden.
Das aus Deutschland stammende openSUSE ist ebenfalls schon ein alter Hase, sorry Pinguin, und bereits seit 1994 auf dem Markt. Der Installationsprozess ist hier deutlich einfacher, auch wenn ich persönlich den Installer doch etwas verwirrend finde. Die Kommandozeile benötigt man hier allerdings nicht, was vielen Neulingen sicherlich zu Gute kommt. Nach 1-2 Wochen hatte ich mich allerdings schon wieder von openSUSE verabschiedet. Was war passiert? Plötzlich war wie aus dem Nichts die sudo Funktion verschwunden, das heißt ich konnte mit meinem Benutzer quasi nichts mehr anfangen. Sicherlich hätte man das irgendwie wieder in Ordnung bringen können, aber dass ein Betriebssystem die Rechteverwaltung eigenständig durcheinander bringt, ist für mich ein absolutes No-Go.
Kapitel 7: Immer wieder Debian
Auch in diesem Linux-Jahr habe ich wieder verschiedenste Distributionen ausprobiert, die allermeisten davon in einer virtuellen Maschine, das heißt ohne Installation auf echter Hardware. Dabei habe ich festgestellt, dass ich am Ende immer wieder bei Debian lande, da es für meine Zwecke und nach meinen Geschmack einfach keine wirkliche Alternative zu diesem sehr guten Linux-Betriebssystem gibt. Was sind die Gründe dafür?
Zu allererst ist hier der apt-Paketmanager zu nennen, der unzählige Softwarepakete enthält, sehr schnell arbeitet und der nach meinem Dafürhalten keine Fehler macht, dies gilt für Updates, Upgrades sowie Abhängigkeiten gleichermaßen. Bisher hat mich noch kein anderer Paketmanager derart überzeugen können. Unter Debian lässt sich auch jede erdenkliche Desktop-Umgebung installieren und nutzen, ich selbst verwende Gnome auf meinem großen Rechner und Xfce auf meinem Laptop. Als Basis nutze ich seit Sommer 2023 Debian 12, diese Version enthält recht neue Software und unterstützt erstmals ohne Mühe und Sucherei nicht-freie Software, somit verursachen WLAN-Treiber (die älteren mögen sich erinnern) überhaupt keine Probleme mehr.
Gegen Debian wird oftmals ins Feld geführt, die Software sei veraltet, dieses Scheinargument lasse ich jedoch nicht gelten. Zum einen lässt sich sehr einfach über die Datei sources.list zu einer aktuelleren Quelle wechseln (von stable zu testing zu unstable), zum anderen kann - falls unstable zu sehr abschreckt - immer noch Flatpak verwendet werden, um die allerneuste Version einer Software zu erhalten. Es muss somit nicht zwei Jahre bis zur jeweils neusten Version von Debian gewartet werden, ein Wechsel kann zu jeder Zeit stattfinden. Für meine Anwendungsfälle reicht Debian ohne Probleme aus, ich habe lediglich zwei Programme als Flatpak und eines als Snap eingebunden, die restliche Software stammt allesamt aus den offiziellen Repositories von Debian 12.
Auch in Zukunft werde ich sicherlich weiter nach aktuellen Linux-Distributionen und generellen Neuerungen in dem Bereich Ausschau halten, bis auf Weiteres habe ich aber erstmal “mein” Betriebssystem gefunden. Selbstverständlich ist letztendlich vieles reine Geschmackssache, wobei ich noch einen weiteren Punkt anführen möchte, der meines Erachtens sehr für Debian spricht: hinter dem Projekt steht kein großer Software-Riese oder Konzern, der auf Teufel komm raus Umsatz machen muss. Diese Tatsache finde ich wichtig und grundsympathisch.